Forschung

Gruppe für Geomorphologie, Naturgefahren- und Risikoforschung

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Überblick / Wissenschaftliche Lücke

In der Schweiz sind auf nationaler Ebene bis zu 45% der Naturschäden an Gebäuden auf Hochwasserphänomene zurückzuführen (Quelle: AEAI-Statistik 2004-2013). Obwohl die Hochwassergefahr bereits gut bekannt und in den Gefahrenkarten ausgewiesen ist, sind die sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen vor allem für verschiedene Infrastrukturen auf nationaler Ebene noch wenig verstanden und dokumentiert.

 

Ziele

In diesem Forschungsprojekt untersuchen wir mögliche hochwasserbedingte Unterbrechungen des Schweizer Infrastrukturnetzes (d.h. Strassen- und Bahnnetze). Insbesondere (i) analysieren wir den Einfluss verschiedener Methoden zur Ableitung der Exposition der Infrastruktur auf nationaler Ebene, (ii) wir untersuchen die Variationen der Schweizer Infrastruktur-Topologie bei Hochwasser und (ii) schätzen die systemische Verwundbarkeit der Infrastruktur ab, indem wir die Anzahl der Personen analysieren, die bei Hochwasser aufgrund von Unterbrechungen z.B. des Strassennetzes betroffen sind. Dies schliesst eine direkte, lokale Auswirkung ein und auch, ob die Menschen in der Region oder auf nationaler Ebene in ihrer Mobilität (zur Arbeit, in Schulen, Krankenhäuser, ...) betroffen sind.

 

Methoden

Diese Forschung wird mit innovativen interdisziplinären Ansätzen durchgeführt, indem Techniken der Netzwerkwissenschaft und der Modellierung der menschlichen Mobilität eingesetzt werden. Messungen der Zentralität des Netzes, der Kosten, der Effizienz, der Robustheit, der Resilienz und der Clusterbildung werden numerisch berechnet, um die Veränderungen des Infrastrukturnetzes aufgrund von Überschwemmungen zu charakterisieren. Die Schätzung der Menschenströme durch das Schweizer Infrastrukturnetz, wird in Zusammenarbeit mit Swisscom, dem grössten Telekommunikationsunternehmen der Schweiz, unter Verwendung anonymisierter Mobiltelefonaufzeichnungen durchgeführt.

 

Ergebnisse

Die Ergebnisse dieser Forschung werden es ermöglichen, (i) die wichtigsten/empfindlichsten Teile des schweizerischen Infrastrukturnetzes ohne und mit Hochwasser zu kennen, (ii) die menschliche Mobilität in der Schweiz für einen Zeitraum von Tagen/Wochen ohne und mit Hochwasser zu evaluieren.

 

Leitung: Margreth Keiler

Forschungsschwerpunkt: Simone Loreti, Tsolmongerel Papilloud

Hochwasserbedingte Gefahren und Schäden nehmen in Afrika in den letzten Jahrzehnten zu. Trotz dieser Verluste stehen für die vorherrschenden regionalen Gebäudetypen keine Standardwerkzeuge zur Schadens- und Schwachstellenbewertung zur Verfügung. Unter Verwendung empirischer Daten aus der Fallstudienregion sowie des Indikatoren Frameworks konzentriert sich diese Forschung auf die Entwicklung von Instrumenten zur Schwachstellenbewertung für Gebäude. Ziel ist es, die wichtigsten Schadenstreiber für regionale Gebäudetypen zu identifizieren, um so zur Entwicklung wirksamer Strategien zur Risikoreduktion beizutragen.

 

Finanzierung: Swiss Government Excellence Scholarship

Forschungsgebiet: Suleja, Nigeria

Mitarbeitende: Mark Malgwi & Margreth Keiler

Gesellschaften in Gebirgsregionen stehen im Kontext von Extremereignissen und damit verbundenen Katastrophen steigendem Risiko, Unsicherheiten und Krisen gegenüber. Ausserdem müssen sie sich gegen unsichere Situationen in der Gegenwart und der Zukunft behaupten. In Folge von Katastrophen sind Gesellschaften oder Regionen mit hohen ökonomischen und sozialen Schäden konfrontiert. Dadurch stellt sich die Frage warum kein Fortschritt in der Fähigkeit der Minderung von Folgen und der Anpassung an Naturgefahren erfolgt. Das integrative Cluster „Risk & Resilience“ legt den Fokus auf diese Frage und trägt bei zwei zentralen Aspekten der Forschung in der „Disaster Risk Reduction“ bei:

  • Verstehen der Kopplung von sozialen und natürlichen Systemen und der Rolle der Koppelung bei der Verhinderung, dass eine Naturgefahr eine Katastrophe wird.
  • Verbessern des Verständnisses von der zeitlichen Entwicklung von Risiko und Resilienz.

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Leitung: Margreth Keiler

Forschungsschwerpunkt: Mirjam Mertin

Hintergrund / Forschungslücken

Hochwasser-Risikoanalysen im Siedlungsgebiet erfordern Angaben zur physischen Verletzlichkeit der exponierten Gebäude. Unter physischer Verletzlichkeit wird gemeinhin der potenzielle Schaden, ausgedrückt als Prozentsatz des exponierten Wertes, verstanden. In zahlreichen Ansätzen wird die physische Verletzlichkeit in Abhängigkeit zu Überschwemmungsmerkmalen wie Wassertiefe oder -geschwindigkeit bestimmt. Fallstudien zeigen jedoch, dass diese Verbindung zu Überschwemmungsmerkmalen eher schwach ist und dass die Verletzlichkeit gegenüber Hochwasser auch von Gebäudeeigenschaften wie beispielsweise der Bauweise bestimmt wird. Weiter lassen sich die Ergebnisse aus Fallstudien zur physischen Verletzlichkeit nur schwierig in andere Gegenden übertragen. Schliesslich erfordern die aus Fallstudien abgeleiteten Modelle sehr detaillierte Gebäudedaten, was eine ein Anwendung auf überlokaler Ebene verunmöglicht. Die noch ausstehende Forschung hin zu regionalen bis nationalen Modellen wiederum ist stark limitiert durch die geringe Verfügbarkeit von Ereignisdaten, d.h. durch das Fehlen von grösseren harmonisierten Datensätzen zu Überschwemmungsmerkmalen, Gebäudeeigenschaften und Schäden.

Vorgehen und erwartete Ergebnisse

Zentrale Basis der Forschung bildet eine am MobiliarLab aufgebaute Datenbank mit mehreren zehntausend Hochwasserschäden, die von 15 Kantonalen Gebäudeversicherungen stammen.  Die Schäden sind auf der Ebene des einzelnen Gebäudes georeferenziert und können so mit anderen räumlichen Daten wie Bauzone oder (potentieller oder aufgetretener) Hochwasser-Exposition verknüpft werden. Mittels Data-Mining-Techniken suchen wir nach Beziehungsmuster zwischen erfassten Verlusten einerseits und Gebäudewerten, -merkmalen und -hochwasserexposition andererseits. Die Ergebnisse tragen dazu bei, die Verletzlichkeit von Gebäuden gegenüber Hochwasser in der Schweiz verlässlicher zu quantifizieren und helfen so mit, die Abschätzung von Schäden zukünftiger Hochwasserereignisse zu verbessern und letztlich die Robustheit quantitativer Risikoanalysen zu erhöhen. Robuste Angaben zu Hochwasserrisiken wiederum sind eine unerlässliche Grundlage für ein nachhaltiges Risikomanagement.

Beschädigtes Haus nach Murgangereignis

Finanzierung: SNF

Dauer: September 2015 - August 2018

Mitarbeitende: Keiler Margreth, Chow Candace

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Zur Förderung der Elementarschadenprävention (ESP) an Gebäuden kommen heute bei den kantonalen Gebäudeversicherungen (KGV) diverse Instrumente zum Einsatz. Wenn es Versicherungsnehmer unterlassen, zumutbare Massnahmen zur ESP umzusetzen, gibt es zum Schutz der Solidargemeinschaft auch die Möglichkeit, versicherungsrechtlichen Instrumente anzuwenden, um Schadenzahlungen im Ereignisfall zu reduzieren. Es fehlt bisher ein fundierter Überblick über den heutigen Nutzen, die mögliche Wirkung sowie die allfälligen Nachteile der verfügbaren Instrumente.

Im vorliegenden Projekt wurde ein aktueller Überblick über die angewendeten ESP-Instrumente erarbeitet. Anhand von Schadendaten und Kenngrössen zur Exposition des versicherten Gebäude-Portfolios wurde zudem geprüft, ob sich Unterschiede bei der ESP zwischen verschiedenen KGV statistisch nachweisen lassen.

Für ausgewählte KGV wurden die wichtigsten Instrumente hinsichtlich ihrer Anwendung umfassend bewertet und das mögliche Optimierungspotenzial aufgezeigt. Daraus wurden aus rechtlicher und gesellschaftlicher Sicht für alle KGV Empfehlungen im Sinne von „best practices“ abgeleitet hinsichtlich des Einsatzes von ESP- und versicherungsrechtlichen Instrumenten mit dem Ziel einer optimalen Balance zwischen Prävention und Schadendeckung. Weil mit steigenden Schäden die KGV zunehmend unter Druck sind, die Solidargemeinschaft vor den finanziellen Folgen von vermeidbaren Schäden zu schützen, wurde dieser Aspekt vertieft untersucht.

Das Projekt wurde im Rahmen der 9. Ausschreibung der Präventionsstiftung der Kantonalen Gebäudeversicherungen finanziert. www.praeventionsstiftung.ch

Die Gruppe für Geomorphologie, Naturgefahren-  und Risikoforschung bearbeitete das Projekt zusammen mit Ernst Basler + Partner AG Zollikon (Projektleitung) und Cornel Quinto Zürich (Rechtsexperte). Arbeitsschwerpunkte der uni Bern in dieser Gemeinschaft bildeten die Datenaufbereitung und –Analyse zu Gebäude-Exposition und -Schäden, die Mitarbeit und Qualitätssicherung bei der Aufnahme der aktuell angewendeten ESP Instrumente sowie quantitative Aspekte bei der Nutzwertanalyse über verschiedene Instrumentenkombinationen.

Dauer: März 2016 – Dezember 2017

Das Projekt „Monitoring der Hochwasserrisiken in der Schweiz“ ist ein praxisnahes Forschungsprojekt zwischen dem Mobiliar Lab für Naturrisken der Universität Bern und dem Bundesamt für Umwelt, Abteilung Gefahrenprävention. Beide Institutionen beteiligen sich an der Finanzierung des Projekts.

Die laufende Vorstudie soll einen Überblick über den „state of the art“ bezüglich dem Monitoring von Hochwasserrisiken geben, sowohl im wissenschaftlichen Bereich, wie auch in der politischen Praxis. Zentrale Aspekte der Untersuchung sind das vorhandene Wissen, Instrumente und angewendete Methoden. Die gewonnenen Erkenntnisse aus der Vorstudie sollen dazu dienen, Fragestellung, Zielsetzung und Methoden des Hauptprojekts zu präzisieren.

Logo des Projekts Mountain Risks

From Prediction to Management and Governance

(2007-2010)

Logo des Projekts MOVE

Methods for the Improvement of Vulnerability Assessment in Europe

(2008-2010)

Praxiskoffer Risikoedialog Naturgefahren